Artikel aus der Fachzeitschrift „Richter ohne Robe“ (RohR) Ausgabe 4/2014, Seite 152-153
Herta Däubler-Gmelin zur Ehrenpräsidentin gewählt
Mitgliederversammlung des Bundesverbandes vom 24.–26. Oktober 2014 im Gustav-Stresemann-Institut in Bonn
Die diesjährige Mitgliederversammlung des Bundesverbandes ehrenamtlicher Richterinnen und Richter begann mit einem Höhepunkt. Bundesministerin der Justiz a.D. Herta Däubler-Gmelin wurde einstimmig zur Ehrenpräsidentin gewählt.
Vorsitzende des Bundesverbandes Hasso Lieber würdigte die Verdienste die sich Herta Däubler-Gmelin sowohl in ihren staatlichen Ämtern als auch durch politisches Engagement um die Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung erworben hat Herta Däubler-Gmelin hat als Ministerin und Rechtspolitikerin stets der Gefahr widerstanden die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter auf dem Altar der Sparpolitik zu opfern erklärte der Vorsitzende.
„Es ist für Justizminister nicht immer einfach sich der Begehrlichkeiten des Finanzministers zu erwehren aber ein billiges Urteil ist allzu häufig kein richtiges Urteil Herta Däubler Gmelin hat nicht nur verstanden, sondern auch politisch vertreten, dass die Mitwirkung Lebenserfahrener und sachkundiger ehrenamtlicher Richter einen nicht unerheblichen Beitrag zu plausiblen verständlichen und lebensnahen Urteilen leistet.“
In ihrer Dankes Rede wies Herta Däubler-Gmelin unter anderem auf ihre Erfahrungen hin die sie nach ihrer Praxis als Bundesministerin in der gerichtlichen Praxis als Rechtsanwältin mit Schöffen und anderen ehrenamtlichen Richtern gemacht habe. Sie habe kluge Schöffen erlebt, die mit Augenmaß und Lebenserfahrung Angeklagten wie Opfern entgegentreten seien und ihren Beitrag zu einem angemessenen Urteil und zum Rechtsfrieden geleistet hätten. Dies sei ihr auch von Seiten der Berufsrichter bestätigt worden.
Darüber hinaus hat die Mitgliederversammlung die Entwürfe einer Agenda (Grundsatzprogramm), eines rechtspolitischen Programms sowie einen Vorschlag zur Reform der Schöffenwahl beschlossen, die an die Mitglieder in den Landesverbänden zur Diskussion gegeben werden. Alle Dokumente werden in RohR Heft 1 2015 und auf der Website www.schoeffen.de veröffentlicht im Juni 2015 sollen die Entwürfe beschlossen und der Öffentlichkeit vorgestellt werden
Die frischgebackene Ehrenpräsidentin entstammt einem politischen Elternhaus ihr Vater war der frühere Tübinger Oberbürgermeister Hans Gmelin. So war ihr beruflicher wie politischer Lebensweg nach dem Studium der Geschichte Rechtswissenschaft und politischen Wissenschaften in Tübingen und Berlin vorgezeichnet. Von 1972 bis 2009 war sie in verschiedenen Funktionen als Abgeordnete des Deutschen Bundestages tätig. Als Krönung ihrer politischen Laufbahn war sie von 1998 bis 2002 Bundesministerin der Justiz. Nach guter Tradition kehrte sie nach dem Ende ihrer Ministertätigkeit nicht in den Rechtsausschuss des Bundestages zurück, sondern wurde Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und von 2005 bis 2009 Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Rechtspolitisch war sie 2008/09 als Vorsitzende des Rechtsausschusses der Parlamentarischen Versammlung im Europarat tätig.
Herta Däubler-Gmelin blieb neben ihrer politischen Tätigkeit der akademischen Lehre verbunden. Sie lehrte am Otto-Suhr-Institut in Berlin insbesondere über internationale Beziehungen und Menschenrechte sowie am Institut für Katholische Theologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen. Sie ist Schirmherrin des Deutschen Hospiz und Palliativ Verbandes, Mitglied des Kuratoriums der Organisation „Mehr Demokratie“ und engagiert sich für die Deutsche und europäische Juristenausbildung im Beirat der deutschen Sektion der European Law Student Association (ELSA). Ihre jetzige Berufung zu Ehrenpräsidentin der Organisation der ehrenamtlichen Richter ist also symbolisch für die Zusammenarbeit der Richter im Haupt- und im Ehrenamt.
Die ehemalige Bundesjustizministerin ist für ihre Streitbarkeit bekannt. Sie legte sich mit dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush an, den sie für Folterungen in Afghanistan und im Irak verantwortlich machte, kritisierte Merkel und Westerwelle wegen deren Kürzungen des finanziellen Engagements in der Menschenrechtspolitik und vertrat „Mehr Demokratie“ und über 37000 Bürger in der bislang größten Verfassungsbeschwerde gegen den europäischen Rettungsschirm. Von ihrem Engagement für die Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter an der Rechtsprechung darf man sich einen weiteren Schub für die öffentliche Beachtung die Teilhabe an der „Dritten Gewalt“ im Staat erhoffen.
(hl)